Von Karin Brötzner
Viele halten es ist selbstverständlich, dass Migrantinnen, die in Österreich leben möchten, Deutsch lernen müssen. Sprache wird als Schlüssel zur Integration gesehen. Doch wie verhält es sich mit Migrantinnen der zweiten oder dritten Generation? Welche Möglichkeiten haben sie, die Sprache ihrer Eltern zu lernen? Zwei chinesische Migranten berichten über ihre Erfahrungen.
Seit mehr als 100 Jahren immigrieren Chinesinnen nach Österreich. So leben in Österreich nicht nur Überseechinesinnen mit direkter Migrationserfahrung, sondern auch solche, die in hier geboren wurden – Migrantinnen der zweiten oder dritten Generation. In Wien bieten drei Schulen – zwei chinesische und eine taiwanesische – Kurse für diese Kinder an. Auch der 18-Järige Xing Yun meint, es sei für Kinder von Überseechinesinnen wichtig, chinesisch zu lernen. Er selbst ist vor fünf Jahren mit seiner Familie nach Österreich gekommen, seine jüngeren Brüder wurden in Österreich geboren. In Österreich besuchte er zunähst einen Deutschkurs, um sich in seiner neuen Heimat einzuleben.
Sein Heimatland China wollte er trotzdem nicht vergessen: neben der regulären Schule ging Xing Yun jeden Samstag in die chinesische Schule im neunten Wiener Gemeindebezirk. Diese, als gemeinnütziger Verein geführte, Schule bringt seit über 15 Jahren allen Interessierten die chinesische Sprache und Kultur näher. Den Unterricht fand Xing Yun immer sehr lehrreich. Im Sprachunterricht werden auch kulturelle und historische Themen behandelt, wie etwa chinesische Geschichte. Das ist für Xing Yun wichtig, denn er vermisst China. Auch seine jüngeren Brüder besuchen jeden Samstag den Unterricht. Manchmal gehen sie nicht gerne hin, aber sie seien ja noch jung, sagt Xing Yun.
Für Hao Jianfeng, der seit einem Jahr in Wien lebt, hat Deutsch lernen Priorität. Der 18- Jährige besucht seit Herbst eine sogenannte Übergangsstufe für Schülerinnen mit verstärktem Förderbedarf. Mit seinen Mitschülerinnen spricht Hao Jianfeng Deutsch, das ist zwar anstrengend, aber es muss sein, denn er will die Matura machen und anschließend ein Studium beginnen. Perfektes Deutsch ist dafür eine Voraussetzung. Vor seiner Einschulung besuchte Hao Jianfeng für sechs Monate privat einen Deutschkurs am Chinazentrum für Sprache und Kultur das sowohl Chinesischunterricht für Österreicherinnen, als auch Deutschunterricht für Chinesinnen anbietet. Von einer der chinesischen Schulen in Wien hat Hao Jianfeng noch nicht gehört, er findet die Idee aber gut, dass Kinder von Migrantinnen die Sprache und Kultur ihres Herkunftslandes lernen können.
Integration ist nicht mit Assimilation gleichzusetzten. Deutsch zu beherrschen ist für Migrantinnen in Österreich ein Schlüssel zur erfolgreichen Integration, aber die Sprache und die Kultur der Heimat dürfen dabei nicht vergessen werden.