Korea zur Zeit des Erntedankfestes. Ein Reisebericht und Fotoessay von Silvia Knödlstorfer
Wir haben uns fĂŒr den Beginn unserer Koreareise ein ungewöhnliches Datum ausgesucht: das koreanische Erntedankfest Chuseok. Zu dritt machten wir uns auf eine eindrucksvolle Rundfahrt durch das herbstliche Korea.
Das Erntedankfest ist ein Familienfest und viele Koreaner*innen nĂŒtzen es, um mit ihren Verwandten zu Hause zu kochen. Daher sollte die Hauptstadt Seoul an diesen Tagen verhĂ€ltnismĂ€Ăig menschenleer sein. Das war schade, wir hatten uns schon sehr auf die koreanische KĂŒche gefreut und wollten Seoul in seiner vollen BlĂŒte erleben.
Doch wir hatten GlĂŒck. Als wir in Korea ankamen, waren die Tage des Festes noch nicht gekommen. Wir erlebten Seoul als eine pulsierende Stadt, deren StraĂen stets mit Menschen gefĂŒllt sind. Alle wollten drauĂen sein, und es gab viel Streetfood. Wir konnten ĂŒberall davon lesen, dass einige GeschĂ€fte ĂŒber die kommenden Feiertage schlieĂen wĂŒrden, zumindest fĂŒr einen Tag.
Am nĂ€chsten Morgen waren die StraĂen unseres Stadtviertels ruhig und leer. Durch diese Leere fĂŒhlte ich mich in meinen Sorgen etwas bestĂ€tigt. Doch eine Freundin hatte schon im Vorhinein einige Lokale rausgesucht und die Ăffnungszeiten mit der Handy-App Naver abgeglichen. So konnten wir eines dieser wenigen geöffneten Restaurants besuchen. Es war ein Lokal fĂŒr seolleongtang, eine koreanische Rindsknochensuppe. Wir kamen gerade noch rechtzeitig, bevor es total ausgebucht war. In diesen Moment hatte ich das GefĂŒhl, dass es doch viele Familien gibt, die zum Erntedankfest essen gehen.Â
Schnell sahen wir, dass alle StraĂen rund um die Tempel sehr belebt waren, dort war keine Spur von Ruhe. Es gab hier sehr viele besondere Programme, extra fĂŒr die Erntedankzeit. Gratis Eintritt, bis zu speziellen Touren. In den Gassen drĂ€ngten sich die Leute. Wie wĂŒrde Seoul wohl im Normalzustand aussehen?
Schwierigkeiten mit den öffentlichen WCs
Die gut ausgebaute öffentliche Infrastruktur in Korea fiel mir gleich auf. Besonders gut haben wir das kostenlose WLAN in Erinnerung, das es in fast jedem öffentlichen Verkehrsmittel gibt, selbst in Bussen aus den 70er-Jahren.Â
Die öffentlichen Toiletten waren in gutem Zustand, doch meistens waren die Tasten fĂŒr die KlospĂŒlung fast unauffindbar. Einmal drĂŒckte eine Freundin unabsichtlich auf die Notruftaste, die sie fĂŒr die SpĂŒlung hielt. Ohne Koreanisch zu beherrschen, versuchten wir der Person am anderen Ende der Leitung zu erklĂ€ren, dass es nur ein Fehler war. Ob sie es verstand, wissen wir zwar nicht, aber wir hĂ€tten jedenfalls schnell Hilfe bekommen.Â
Von der Schönheit der MÀrkte
In Korea gibt es sehr viele StraĂenmĂ€rkte und Markthallen, wo Lebensmittel und Haushaltsprodukte gehandelt werden. FĂŒr uns wirkten Haushaltsprodukte wie BettwĂ€sche, im ersten Augenblick etwas schĂ€big, da wir es nicht gewohnt sind, so viele StraĂenmĂ€rkte zu sehen. Aber wir haben schnell begriffen, dass die Einheimischen diese Haushaltsprodukte sehr ernst nehmen, und wir versuchten, unsere Vorurteile zur Seite zu legen.
Die Lebensmittel und vor Ort zubereitenden Gerichte auf den MĂ€rkten waren mehr als beeindruckend. Ich habe dabei eine Vielfalt der Farbe âRotâ kennen gelernt. Oft boten Ă€ltere Frauen auf einfachen MarktstĂ€nden mit Plastiktischen und PlastikstĂŒhlen traditionelle Hausmannskost an.Â
Zwei verschiedene Welten zur gleichen Zeit
In Seoul merkte man einen starken Kontrast zwischen Modernem und Altem, aber alt im Sinne von den 50ern oder 70ern. Es war teilweise wie eine Reise in die Vergangenheit und in die Zukunft gleichzeitig. Oft fĂŒhlte man sich wie in zwei verschiedenen Welten.
Nachdem wir in Seoul eine sehr abwechslungsreiche GroĂstadt erlebt und viel gekauft hatten, ging unsere Reise weiter in lĂ€ndlichere Gebiete, in denen noch weniger Menschen Englisch sprachen als in der Stadt. In den kleineren Ortschaften wie Jeonju oder Gyeongju konnten wir mehr traditionelle Bauten sehen und haben ein ruhigeres Leben kennengelernt. Es war nicht mehr so viel GedrĂ€nge wie in Seoul.Â
Beeindruckend waren die alten Tempel, mit ihren bemalten Holzleisten. Die Muster waren oft bei allen Tempeln gleich, vermutlich weil sie aus derselben Epoche, der Silla-Periode (57 v. Chr. bis 935 n. Chr.), stammen. Es war ein stĂ€rkerer Fokus auf die GebĂ€ude und auf Laternen aus Papier, weniger auf die Natur oder die Pflanzen, die dort wachsen. Die Tempel und Wohnanlagen der Adeligen versuchten eher durch ihre Bauweise Ruhe und Entspannung hervorzurufen, weniger durch die Schönheit der Natur.Â
Mit dem Bus ins lÀndliche Korea
Alles in allem war es ein sehr interessanter Eindruck von Korea mit viel verschiedenem gutem Essen und interessanter Architektur. Das Essen spielt im Alltag der Menschen eine besonders groĂe Rolle. Die Restaurants und die vielen EssensmĂ€rkte, die immer stark besucht waren. Die Leute hatten auch kein Problem lĂ€nger anzustehen, um etwas Besonderes zu Essen zu bekommen.
Vor Ort konnte ich besser verstehen, wieso so viele Menschen in HochhĂ€usern leben, selbst in den kleinen Dörfern am Land. Diese sehr bergige Landschaft lĂ€sst kaum etwas anderes zu. Bevor ich in Korea war, konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Land so sehr von Bergen und HĂŒgeln durchzogen sein kann.